Besucherlenkung
Besucherströme zielführend zu lenken, ist eine der grossen Herausforderungen touristischer Destinationen. Die erhöhte Nachfrage nach Erholung in der freien Natur hat das Potenzial für Nutzungskonflikte insbesondere auf gemeinsam genutzten Wegen vergrössert. Destinationen finden sich in der Verantwortung, Lösungsstrategien zur Lenkung der verschiedenen Bedürfnisgruppen auszuarbeiten. Dabei sind die Herausforderungen, insbesondere durch die Digitalisierung, gross – aber auch die sich daraus ergebenden Möglichkeiten.
Besucherlenkung umfasst Massnahmen, die geeignet sind, Besucherströme zu entflechten und damit zur Attraktivitätssteigerung der Destination beizutragen. Gleichzeitig schützt sie die Natur und Umgebung vor Übernutzung und hat Auswirkungen auf die Tourismusakzeptanz in der Bevölkerung. Mittels sorgfältig durchdachten Lenkungsmassnahmen können sich Gemeinden und Destinationen auf die neue Nutzungsart durch die Mountainbikenden vorbereiten und so vermeidbaren Konflikten zuvorkommen (vgl. Kompass MTB und Umwelt, Nutzung)
Die folgenden Inputs stützen sich auf langjährige Erfahrungswerte von Fachpersonen aus dem Tourismus.
Grundlagen
Kraft des guten Angebots: Für eine erfolgsversprechende Lenkung der Mountainbikenden, braucht es bedürfnisgerechte und attraktive Angebote.
Die Nutzenden werden dazu inspiriert, die bestehenden und für sie bestimmten Routen zu wählen. Diverse Destinationen haben diese Taktik bereits erfolgreich umgesetzt.
Best Practice: Bike Kingdom.
Wo keine bedürfnisgerechten offiziellen Routen vorhanden sind, finden Mountainbikende ihre Trails anderweitig im Gelände. Dank digitaler Informationsplattformen steht den Nutzenden eine Vielzahl von inoffiziellen Trails zur Verfügung.
In ein gutes Trail Design investieren.
Mit dem richtigen Design können die verschiedenen Nutzergruppen und deren Verhalten gelenkt, Konflikte vermieden und sensible Gebiete geschützt werden. Durch das positive Erlebnis werden die Wegnutzenden gelenkt, ohne dass dies aktiv wahrgenommen wird.
Offizielle Routen und Trails auf den verschiedenen Online-Plattformen erfassen und den Nutzenden so zugänglich machen.
Sogenannte «User generated Trails» auf unterschiedlichen Online-Plattformen können eine Herausforderung für die Lenkung der Gäste darstellen. Dabei handelt es sich mehrheitlich um nicht offizielle Trails, wodurch bei einer übermässigen Nutzung Konflikte entstehen können. Ein bedürfnisgerechtes und attraktives offizielles Angebot, das ebenfalls auf diesen Plattformen abgebildet ist, kann dem Abhilfe schaffen.
Hinweis: Die Online-Plattform Trailforks ist bestrebt, künftig nur noch die offiziellen Routen abzubilden. Die IMBA Schweiz fungiert als Ansprechpartnerin für Mountainbike-Organisationen und Destinationen, die Trails auf der Plattform bearbeiten möchten. Aber auch mit den anderen Anbietern in diesem Bereich kann der Kontakt gesucht und eine Zusammenarbeit angestrebt werden.
Den Nutzenden mittels Routenvorschlägen verlässliche Informationen über Schwierigkeiten und Gefahrenstellen auf den kommunizierten Routen mitgeben.
Der Gast soll sich auf die Informationen verlassen dürfen und sich mit seinem Können in Sicherheit wägen. Familien beispielsweise wollen sich nicht vor einer unterwartet schwierigen Passage, die subjektiv als Gefahrenstelle wahrgenommen wird, wiederfinden.
Erfahrenere Mountainbikende haben weniger Angst vor Herausforderungen auf der Strecke. Auch diese sind jedoch nicht immer affin dafür, ihre Touren eigenhändig zu gestalten und dankbar für verlässliche Routenvorschläge.
Nur offizielle Routen kommunizieren.
Ansonsten sind Konflikte vorprogrammiert und das Gästeerlebnis wird negativ geprägt.
Proaktive Planung der Besucherlenkung auf der Grundlage einer sorgfältigen Analyse und der erarbeiteten Strategie der Destination.
Eine sorgfältige und vorausschauende Planung ist ausschlaggebend für eine funktionierende Lenkung. Insbesondere Entflechtungsmassnahmen sind im Vorfeld sorgfältig zu prüfen. Ziel ist es, ein attraktives Netz zu erstellen. Nicht alle Wege müssen den Bikenden hierfür offenstehen.
Koexistenz und Entflechtung Mountainbiken und Wandern.
Wanderer und Mountainbikerinnen haben viele ähnliche Bedürfnisse wie etwa das Natur- und Landschaftserlebnis, die Bewegung, den Spass und das Zusammensein. Sie benutzen dabei oft die gleichen touristischen Dienstleistungen wie öffentliche Verkehrsmittel, Bergbahnen und Restaurants. Um Konflikten und Unsicherheiten vorzubeugen ist eine vorausschauende Planung und wo notwendig eine Entflechtung zielführend (vgl. Merkbaltt Wandern und Mountainbiken).
Aus ökologischen und ökonomischen Aspekten ist die Koexistenz auf bestehenden Wegen anzustreben.
Das Merkblatt zur Koexistenz und Entflechtung wurde vom ASTRA, den Schweizer Wanderwegen und SchweizMobil ausgearbeitet und gibt einen Überblick, wann Koexistenz grundsätzlich möglich ist. Punktuell kann es sinnvoll sein, Verbote anzubringen und Entflechtungsmassnahmen vorzunehmen.
Tipp: Externe Bikende beiziehen, um die gemachte Planung und die Lenkungsmassnahmen unvoreingenommen zu bewerten.
Verbote sollten wo möglich vermieden werden. Eine Lenkung ohne Verbote ist oftmals möglich und zielführend. Ausserdem haben vereinzelte Verbote, wo diese tatsächlich notwendig sind, so eine grössere Wirkung.
Eigenmächtig aufgestellte Verbotsschilder schaden der Glaubwürdigkeit von solchen mit einer amtlichen Verfügung und einem anerkannten Schutzziel (vgl. Kompass MTB und Umwelt).
Es reicht nicht, in einer Gemeinde einen Trail offiziell als «Biketrail» zu markieren und im Gegenzug alle anderen Wege mit Verbotsschildern zu versehen. Vielmehr führen Verbote unweigerlich zu unnötigen Konflikten, da bei einem fehlenden bedürfnisgerechten Angebot die Wege trotz Verbotsschild befahren werden.
Bei notwendigen Verboten ist ein passendes Alternativangebot zu kommunizieren.
An gewissen Stellen werden Verbote unerlässlich sein oder dienen den Nutzenden sogar zur Orientierung. Wenn diese verstehen, weshalb ein Verbot notwendig ist, fördert dies die Akzeptanz.
Auch der Miteinbezug der Trailbau-Crew (falls vorhanden) als Teil der Community kann zielführend sein. Diese geht mit gutem Beispiel voran und erklärt verständlich, weshalb die Nutzung der ausgeschilderten Wege für alle gewinnbringend ist.
Den Wegnutzenden klar und verständlich kommunizieren, welche Wege mit dem Mountainbike befahren werden dürfen.
So werden Bikende auf die für sie bestimmten Wege geleitet. Übrige Wegnutzende wissen wiederum, dass entsprechende Wege für die gemeinsame Nutzung bestimmt sind. Dadurch können Überraschungen und Konflikte vorgebeugt und das einvernehmliche Miteinander gefördert werden.
Die Bikenden klar und einfach über die geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen bei der Nutzung der Wege informieren.
Oftmals ist es für die Bikenden schwierig, sich in den von Kanton zu Kanton ändernden Bestimmungen zurecht zu finden. Durch eine leicht verständliche Information vor Ort können Unsicherheiten abgebaut, Konflikte vorgebeugt und das Gästeerlebnis optimiert werden.
Destinationsübergreifend einheitliche Begrifflichkeiten für Lenkungsmassnahmen definieren und verwenden.
Dies vereinfacht die Verständlichkeit der Lenkungsmassnahmen für die Nutzenden. Hinsichtlich der Signalisation gibt es verbindliche Normen, die zu befolgen sind (vgl. dazu der Anbschnitt Signalisation unten).
Die Lenkung der Besuchenden beginnt bereits mit der Anreise. Auch im Mountainbike-Tourismus ist die Anreise mit dem öffentlichen Verkehr zu fördern.
Hierfür sind genügend Transportkapazitäten für Bikes die Grundvoraussetzung (vgl. 2.2 Planung und Gestaltung von Mountainbike-Infrastruktur).
Die Signalisation bestimmt bereits rudimentär für welche Art der Nutzung der Weg geeignet ist.
In Frage kommen etwa Spaziergang, Wanderung oder Mountainbike. Eine gute Signalisation kann Konflikte zwischen Nutzenden vorbeugen.
Die Signalisation ist ein wichtiges Element, um Mountainbikende und andere Trail-Nutzende zu lenken und zu sensibilisieren. Der offensichtliste Teil der Signalisation sind die Wegweiser. Signalisation kann aber auch weitere Hinweise und Informationen enthalten.
Mit der Wegweisung und Signalisation von Wanderwegnetzen und Mountainbike-Routen wird geregelt welche Wege benutzt werden sollen (bei Entflechtung) und welche Wege gemeinsam genutzt werden (bei Koexistenz). Die Information vor Ort fördert das Verständnis bei den verschiedenen Nutzergruppen (Vgl. Merkblatt Koexistenz)
Signalisation dient nicht nur zur Orientierung, sondern kann Wegnutzende auch zu verschiedenen Themen sensibilisieren. Zum Beispiel gibt es Hinweise zu Wildschutzgebieten, Verhaltensregeln, Notfallnummern oder Wegsperrungen.
Die Signalisation informiert die Nutzenden über die Schwierigkeitsstufe des Angebots.
Die Mountainbikenden sollen ein Angebot wählen können, das zu ihrem Fahrkönnen passt. Für die Kategorisierung der Schwierigkeitsstufen ist zwischen unterschiedlicher Mountainbike-Infrastruktur wie Mountainbike-Routen, Trails und Pisten zu unterscheiden (vgl. Mountainbikeland Schweiz, Manual Routen).
Die Schwierigkeitsstufen sind so eindeutig wie beim Skifahren zu kommunizieren und überregional gleich zu gestalten. Ziel ist eine einheitliche Signalisation und Kommunikation in der Destination und idealerweise in der ganzen Schweiz.
Mountainbike-Routen sind nach der Norm SN 640 829a «Signalisation Langsamverkehr» zu signalisieren.
Die Norm ist verbindlich. Dies auch dann, wenn Teile der Route aus speziell für Mountainbikende gebauten abfahrtsorientierten Anlagen, Pisten oder Entflechtungstrails bestehen.
Abfahrtsorientierte Mountainbike-Pisten sind eine Spezialform im Bereich Mountainbiking, deren Signalisation in der Norm nicht geregelt ist. Für die Signalisation von Mountainbike-Pisten gilt bis auf weiteres die Fachbroschüre Signalisation Mountainbike-Pisten.
TIPP: SchweizMobil unterstützt und berät bei der konkreten Umsetzung der Signalisation.
Bei der konkreten Umsetzung der Signalisation SchweizMobil beiziehen.
Das ASTRA und SchweizMobil streben nach einer schweizweit einheitlichen Signalisation von Mountainbike-Routen, Trails und Pisten. Die Vollzugshilfe hierfür ist in Erarbeitung und wird voraussichtlich im Herbst 2025 publiziert. Darin werden Grundlagen und Richtlinien für ein in sich funktionierendes System erarbeitet, das im Folgenden als Grundlage dient. Bis das neue System umgesetzt wird, dienen die geltenden Vollzugshilfen und Merkblätter.
Mountainbike-Routen werden voraussichtlich auch im neuen System in drei Stufen nach Schwierigkeit unterteilt (vgl. Schwierigkeitsgrade Langsamverkehr). Trails und Pisten sollen ein fünfstufiges Beurteilungssystem für den Schwierigkeitsgrad erhalten. Bis auf weiteres gilt die Fachdokumentation «Signalisation Mountainbike-Pisten» der BFU und SchweizMobil.
Der signalisierte Schwierigkeitsgrad wird immer nach dem schwierigsten Abschnitt der Hauptlinie bestimmt. Varianten können einen höheren Schwierigkeitsgrad aufweisen und müssen entsprechend gekennzeichnet werden.
Die Route, der Trail und die Piste sind so einzustufen, wie eine unerfahrene Person diese erleben würde, also aus der Sicht derjenigen, die es zu schützen gilt. Dabei sind unter anderem das Gefälle, technische Stellen und die benötigte Ausdauer zu berücksichtigen.
Wichtig ist, dass die Klassifizierung konsistent ist. Wenn sich jemand in einem Schwierigkeitsgrad sicher fühlt, sollte er sich darauf verlassen dürfen, dass entsprechend markierte Routen nicht unerwartete Herausforderungen (die nicht umfahren werden können) beinhalten.
Bei der Signalisation gilt die Devise: Klar, einfach und verständlich.
Die Signalisation ist Teil des Gästeerlebnisses. Schlechte Signalisation kann rasch zu Konflikten und Frustration führen. Eine einheitliche und klar definierte Begrifflichkeit, resp. Beschilderung ist hierfür unerlässlich. Die bestehenden Normen, Richtlinien und Leitfäden sind zu beachten und entsprechend umzusetzen.
Tipp: Die Fachstelle Mountainbike im Kanton kann über die zu beachtenden Grundlagen Auskunft geben.
Inoffizielle Signalisation ist zu vermeiden und wo bereits vorhanden, zu beseitigen.
Inoffizielle Signalisation kann zu Unsicherheit und Verwirrung führen und dadurch eine negative Auswirkung auf das Erlebnis haben. Eine offizielle Beschilderung gewährleistet die Sicherheit, Umweltverträglichkeit und langfristige Entwicklung der Mountainbike-Infrastruktur.
In eine saubere und langlebige Beschilderung investieren.
Dies führt langfristig zu Kosteneinsparungen, da weniger regelmässige Wartung und Austausch anfallen. Ausserdem verbessert eine klare und dauerhafte Beschilderung die Nutzererfahrung.