Strategie, Vision, Kultur und Organisation
Der Mountainbike-Tourismus eröffnet in einer Destination ein breites Spektrum an Geschäftsmöglichkeiten. Um das maximale Potential dieses aufstrebenden Sektors zu realisieren, sind innovative Angebote, buchbare Erlebnisse und eine herzliche Willkommenskultur entscheidend.
Mountainbiken ist eine raumbezogene Tätigkeit. Bei der Nutzung des Raumes treffen verschiedene Interessen und Ansprüche aufeinander. Diese zu identifizieren und die entsprechenden Gruppen frühzeitig zu involvieren sind erfolgsentscheidende Faktoren für die Schaffung einer nachhaltigen Mountainbike-Infrastruktur.
Die Trails bilden das Fundament einer Mountainbike-Destination. Auf dieser grundlegenden Infrastruktur können Angebote aufgebaut und erweitert werden. Die eigentliche Wertschöpfung entfaltet sich durch qualitativ hochwertige Serviceleistungen. Um eine Nachfrage nach diesen Serviceleistungen zu generieren, ist eine Investition in die Schaffung und den Erhalt dieser Basisinfrastruktur unerlässlich.
Die folgenden Handlungsempfehlungen erleichtern Destinationen, die strategischen Grundlagen für einen zukunftsfähigen Mountainbike-Tourismus zu legen.
Grundlagen
Eine gemeinsame Vision auf Destinationsebene schaffen.
Eine klare Vision, die aufzeigt, wie und wohin eine Region sich entwickeln will, hilft nicht nur in der Kommunikation, sondern auch bei der Entwicklung einer regionalen Identität. Aufzuzeigen, weshalb eine Destination den Mountainbike-Tourismus fördern will, erleichtert weitere Stakeholder davon zu überzeugen.
Bei der Planung geht es darum, für alle Beteiligten eine gemeinsame Vision und Entwicklungsrichtung zu formulieren, die Ressourcen mit den Zielen abzustimmen und eine Entwicklung im Einklang mit Natur und Gesellschaft zu gewährleisten.
Verbindliche und längerfristige Zusagen schaffen Konstanz und sind daher wünschenswert. Ein gemeinsames verbindliches Strategiepapier kann bei der Erreichung dieses Ziels unterstützen (vgl. hierzu auch Entwicklungskompass MTB und Umwelt).
Es ist zielführend, die verschiedenen Stakeholder bereits während des Entwicklungsprozesses mit ins Boot zu holen.
Wichtige Stakeholder wie Gemeinden, Bergbahnen oder Tourismusorganisationen sollten von Beginn weg dabei sein und die Strategie mitgestalten und mittragen. Die frühzeitige Unterstützung der verschiedenen Stakeholder und deren Zusage, bei der Finanzierung von Mountainbike-Infrastrukturen, ist oftmals richtungsweisend für das weitere Vorgehen.
Mountainbike-Angebote sollten sich möglichst gut in das bestehende Tourismuskonzept auf regionaler bzw. lokaler Ebene einfügen. Eine durchdachte und breit abgestützte Strategie hilft, wertvolle Synergien zu nutzen und rasch erste Erfolge wahrzunehmen.
Die gesellschaftlichen, ökologischen und ökonomischen Gegebenheiten von Kantonen, Regionen und Destinationen variieren in der Schweiz stark. Es gibt daher keine einheitliche Strategie, die auf alle Destinationen Anwendung findet. Vielmehr müssen die lokalen und regionalen Voraussetzungen individuell analysiert werden, um eine erfolgsversprechende Strategie zu entwickeln (vgl. 1.3 Analysen).
Idealerweise besteht eine übergreifende Mountainbike-Strategie auf Kantonsebene. Wo die Kantone diese Aufgabe noch nicht wahrgenommen haben oder als Ergänzung zur Bestehenden, kann die Strategie auch von Tourismus-Destinationen oder Gemeinden initiiert werden.
Die Strategie zeigt auf, wie und wo die Region den Mountainbike-Tourismus aktivieren will. Sie basiert auf diversen Analysen der Gegebenheiten (vgl. dazu 1.3 Analysen) und zeigt das Entwicklungspotential auf. Die einzelnen Destinationen können auf dieser Grundlage und ihren Erfahrungen die passenden strategischen Geschäftsfelder definieren.
Tipp: Professionelle Planungsbüros können bei der Ausarbeitung effizient unterstützen.
Eine Finanzplanung inkl. Organisations- und Betriebskonzept erstellen. Neben der Anfangsinvestition ist auch die längerfristige Finanzierung des Unterhalts sicherzustellen.
Kosten für Infrastrukturvorhaben entstehen bereits in der Planung und Konzeption. Auch nach Abschluss der Umsetzung fallen Kosten an für Signalisation, Marketing & Kommunikation. Damit die Infrastruktur auch langfristig erhalten bleibt und ihren Zweck erfüllt, muss deren Unterhalt und Instandhaltung sichergestellt werden. Eine durchdachte Finanzplanung ist daher unerlässlich.
Differenzierung zwischen der lokalen Bevölkerung und auswärtigen Gästen vornehmen und die Interessen der lokalen Mountainbike-Community abholen.
Die Bedürfnisse der Einheimischen sollten berücksichtigt und ernst genommen werden. Es ist nicht zwingend die Aufgabe einer Destination, die Interessensvertretung der Mountainbikenden sicherzustellen. Es ist aber zielführend, die Interessen der Bikenden in einer Destination effizient abzuholen und eine Ansprechperson für Anliegen und Rückmeldungen auszuweisen.
Gleichzeitig kann das touristische Angebot (Services und Infrastruktur) den Einheimischen zugutekommen indem beispielsweise Arbeitsplätze oder neue Trails geschaffen werden. Diese Vorteile für die Region gilt es ebenfalls aufzuzeigen.
Tipp: Destinationen tun gut daran, lokale Initiativen zu unterstützen.Auf der Grundlage einer übergreifenden Strategie kann ein einheitliches Verständnis in der Destination für das Thema Mountainbike gefördert werden.
Ein gemeinsames Verständnis für das Thema Mountainbike ist einerseits bei den Stakeholdern aber auch bei den unterschiedlichen Leistungsträgern anzustreben.
Darunter fällt eine gemeinsame und klare Vorstellung davon, welche Erwartungen, Bedürfnisse und Präferenzen der Mountainbike-Gast hat. Dieses Verständnis ermöglicht es, geeignete Angebote, Infrastrukturen und Dienstleistungen bereitzustellen.
Durch das einheitliche Verständnis in der Destination kann frühzeitig eine Servicekultur im Bereich Mountainbike geschaffen werden. Gleichzeitig wird das teilweise veraltete Bild des «rebellischen Bikenden in Schutzausrüstung» revidiert und Ängste abgebaut.
Das Thema Mountainbike ist Bestandteil der Gesamtstrategie in der Destination.
Die Destination bekennt sich dazu, die Zielgruppe Mountainbike zu bearbeiten. Eine entsprechende Positionierung findet auf viele Bikende Anwendung.
Ein lokal und regional breit abgestütztes Bekenntnis zum Mountainbike-Gast schaffen.
Wenn sich eine Destination dazu entscheidet, Mountainbike-Gäste ansprechen zu wollen, ist ein entsprechendes Bekenntnis auf breiter Basis wichtig. Die gesamte Destination sollte wenn möglich an einem Strang ziehen und von dem neuen Kundensegment überzeugt sein. Da Mountainbikende ihr Hobby aus Leidenschaft betreiben, kommt ein halbherziges Angebot nicht gut bei ihnen an und kann so unter Umständen zu einem Scheitern des Produktes führen.
Bei der Positionierung die bestehenden Zielgruppen analysieren und Synergien aus dem Winter für den Sommer nutzen. Lassen sich beispielsweise Kundengruppen aus dem Wintersport auf das Mountainbiken übertragen?
Mit der Nutzung der bestehenden Kundenbasis und Infrastruktur können Winterdestinationen ihre Positionierung im Sommer für Mountainbikende stärken und so die touristische Attraktivität über die Wintersaison hinaus ausweiten. Familien, die die Destination bereits aus dem Winter kennen, sind potenzielle Gäste im Sommer zum Biken.
Bei der Positionierung lohnt es sich, vorhandene Daten zu nutzen und mit eigener Recherche bzw. Umfragen zu ergänzen. Eine klare Positionierung kann und soll nicht alle Segmente und Gästegruppen ansprechen.
Naherholung muss auch bei einer starken touristischen Ausprägung weiterhin möglich sein.
Einheimische in Tourismusgebieten nehmen oftmals einen grösseren Aufwand in Kauf, um Ruhe und Idylle zu finden. Es ist gut möglich, einige abgelegene Trails nicht zu vermarkten und bewusst den Einheimischen vorzubehalten. Ausserdem gilt es, die Locals bei der Offizialisierung von bestehenden Trails miteinzubeziehen und deren Bedürfnisse zu berücksichtigen.
Die Destinationen übernehmen Verantwortung für das touristische Angebot.
Die höhere Frequenz auf den Trails durch die touristische Nutzung verursacht zusätzliche Aufwände im Unterhalt. Diese sollten nicht nur den Einheimischen und Vereinen zur Last fallen. Die Leistungsträger, welche von der Nutzung profitieren, sollten einen entsprechenden Beitrag an den Unterhalt leisten.
Best Practice: Finale Outdoor Region
Aspekte der Verantwortlichkeiten und den treibenden Faktor hinter der Schaffung des Angebots klären.
Die Frage, ob das Hauptziel die Entwicklung eines touristischen Angebots oder die Schaffung von Naherholungsangeboten ist, steht im Mittelpunkt dieser Überlegungen. Selbst wenn sich Synergien zwischen Naherholung und Tourismus ergeben, ist es wichtig zu ermitteln, wo der Schwerpunkt der Verantwortlichkeiten am besten platziert ist. Dieser Prozess trägt dazu bei, klare Leitlinien zu etablieren und sicherzustellen, dass die Zuständigkeiten präzise und effizient aufgeteilt werden, um die bestmöglichen Ergebnisse für das Projekt zu erzielen.
Festlegen, wer für die verschiedenen Aspekte des Projekts verantwortlich ist. Dies vermeidet Unsicherheiten und Missverständnisse darüber, wer welche Aufgaben und Verpflichtungen hat.
Die klare Definition der Projektträgerschaft ermöglicht eine effektive Kommunikation zwischen den beteiligten Parteien. Dies ist entscheidend für eine reibungslose Zusammenarbeit und die Vermeidung von Missverständnissen. Ausserdem fördert es eine effiziente Entscheidungsfindung und Nutzung der Ressourcen.
Eine transparente Projektträgerschaft schafft zudem Vertrauen bei Stakeholdern, Finanziers und der Gemeinschaft. Dies ist entscheidend, um Unterstützung für das Projekt zu gewinnen und sicherzustellen, dass alle Beteiligten an einem Strang ziehen.
Schaffung von Arbeitsgemeinschaften.
Die Zusammenarbeit in Arbeitsgruppen mit Akteuren aus verschiedenen Sektoren (Tourismus, Gemeinde, Infrastruktur) hat sich bei der Projektentwicklung etabliert. Wichtig ist es hierbei die Zuständigkeiten festzuhalten und klare Aufgabenbereiche zu definieren.
Unterstützung von Kanton und Gemeinden in Anspruch nehmen. Die Kantone haben einen gesetzlichen Auftrag, ein Velowegnetz für die Freizeit zu planen und umzusetzen.
Aufgrund des Veloweggesetzes besteht für alle Schweizer Kantone eine Planungspflicht für Mountainbike-Routen (Art. 5 Abs. 1 Veloweggesetz). Falls sie die Planung der kommunalen Wegnetze an ihre Gemeinden delegieren, sorgen sie für die Erfüllung der Aufgaben. Entsprechende Routen sollen attraktiv sein und eine hohe Erholungsqualität aufweisen (Art. 6e Veloweggesetz).
Wie genau dieser Auftrag umgesetzt wird und welche Aufgaben an die Gemeinden delegiert werden, ist je nach Kanton unterschiedlich. Alle Kantone müssen jedoch eine zuständige Fachstelle für Mountainbike schaffen (Art. 17 Abs. 1 Veloweggesetz). Die entsprechende Stelle ist frühzeitig zu kontaktieren. Sie gibt Auskunft über die Grundlagen und Verfahren in den jeweiligen Kantonen (vgl. Ansprechpartner Mountainbike Kantone).
Grundsätzlich sind die Gemeinden für die Instandstellung und den Unterhalt von Wegen auf ihrem Gemeindegebiet zuständig. Dies beinhaltet auch Wege, die von Mountainbikenden und Wandernden gemeinsam genutzt werden. Je nach Gemeinde besteht die Möglichkeit, dass sich diese darüber hinaus für Mountainbike-Infrastruktur einsetzt und Synergien zu touristischen Angeboten genutzt werden können.
SchweizMobil als offizielle Plattform zur Koordination und Kommunikation von Angeboten für den Langsamverkehr (LV) in der Schweiz frühzeitig miteinbeziehen.
Im Rahmen des «Mountainbikeland Schweiz» fördert SchweizMobil offiziell signalisierte und attraktive Routen. Die Stiftung berät die Projektträgerschaft in allen Fragen und unterstützt die kantonalen LV-Fachstellen bei ihren Koordinationsaufgaben (vgl. Mountainbikeland Schweiz, Manual Routen).
Die Gemeinden bei der Erarbeitung der Prozesse unterstützen.
Insbesondere für kleinere Gemeinden ist das Thema Mountainbike-Infrastruktur oftmals neu und die korrekte Herangehensweise unklar. Aufgrund mangelnder Erfahrung und Prozesse sind keine fertigen Lösungen und viele Unsicherheiten vorhanden. Für die Umsetzung der Mountainbike-Infrastruktur ist die Mitwirkung der Gemeinde jedoch unerlässlich. Auch Gemeinden dürfen sich Hilfe holen und müssen nicht alle Lösungen parat haben.
Tipp: Fachstellen in den Kantonen beiziehen (vgl. Ansprechpartner Mountainbike Kantone).
Für die Projektträgerschaft ist es wichtig zu wissen, wie die verschiedenen Institutionen der Mountainbike-Thematik gegenüberstehen.
Ebenso wichtig ist zu wissen, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit die entsprechenden Institutionen oder Stakeholder hinter dem Bau oder der Ausschilderung eines neuen Trails oder einer Route stehen können. Dazu sind negative Vorurteile/Ängste der Stakeholder aufzulösen und offene Fragen zu beantworten. Vieles lässt sich durch Informationen aus der raumplanerischen Analyse und Aufnahmen im Feld klären (vgl. 1.3 Analysen).